Lucy's Bilanz


Abgeschickt von Lucy am 02. Februar 2001:

Lucy's Zwischen-Bilanz nach annähernd 1000 nicht gerauchten Zigaretten. Jetzt, etwa einen Monat nach Beginn des Entzugs zeigt sich diese wie folgt:


Auf der Verlustseite findet sich:
Gewichtszunahme:
trotz größter Vorsorge und gegenteiliger Anstrengung habe ich zwei Kilo zugenommen

Winterurlaub:
der Entzug fiel gerade in die Urlaubszeit - Tage, in denen ich wie blöd durch die Gegend lief; heulend die kleine Bestie in mir ertrug; unfähig blieb, etwas Produktives zu leisten oder gar kreativ zu sein. Auf diese Weise ging fast der ganze Urlaub vorüber.

Auf der Gewinnseite findet sich:
Husten:
völlig verschwunden - sowohl morgens auch als tagsüber.

Hautflecken:
Die Nikotinflecken an den Fingern sind weg

Zahnverfärbungen:
haben deutlich nachgelassen

Besenreißer:
die kleinen Äderchen sind erstaunlicherweise dünner geworden und teilweise auch verschwunden

Konzentrationsfähigkeit:
war diese durch den Entzug zunächst sehr gestört, ist sie jetzt nicht nur wieder gegeben, sondern sogar tiefer geworden, da ich kein tun mehr alle 20-30 Minuten durch Nikotinkonsum unterbrechen muß

Klarere Stimme:
man sagt mir, sie klänge nicht mehr so heisern wie früher

Warme Finger und Zehen:
nicht mal, wenn ich die Handschuhe vergesse oder ohne Socken rausgehe, habe ich jetzt noch, wie sonst oft genug auch bei Plustemperaturen, so richtig unterkühlte Glieder

Bessere Luft:
es stinkt nicht mehr - die Wohnung bekommt immer mehr einen frischen Duft und auch die Kleidung muß nicht mehr stundenlang gelüstet werden

Mehr Sauberkeit:
keine schmutzigen Aschenbecher mehrum mich rum, keine Aschenreste mehr auf dem Teppich, keine Brandlöcher mehr in Blusen

Mehr Geld:
klar hab ich auch gespart und jeden Tag wird das mehr

weniger Schlafbedürfnis:
ich gehe ins Bett und schlafe in wenigen Minuten ein - früher dauerte dieser Vorgang meist eine knappe Stunde. Und ich wache nach maximal sieben Stunden auf und bin dann auch wach und fit. Früher schlief ich immer solange, bis meine fünf Wecker endlich zu mir durchdrangen, was durchaus zwölf Stunden dauern konnte. Und wach war ich danach noch lange nicht. Allein dieses veränderte Schlafbedürfnis verlängert mein Leben gewaltig, denn ich gewinne jeden Tag einige Stunden Lebenszeit.

Freiheit von Rauchverboten:
wohin ich auch gehe, ich bin nicht mehr eingeschränkt durch ein Rauchverbot. Ich genieße stundenlangen Aufenthalt an Orten, wo man nicht rauchen kann, ohne unruhig zu werden oder mich eingeschränkt zu fühlen.

Energie:
ich kann einen beachtlichen Energiegewinn verzeichnen und bin noch tatkräftiger geworden

Bewegungsdrang:
Bis vor einem Monat war es mir unmöglich, ein paar hundert Meter im Dauerlauf durchzustehen - nach wenigen Schritten schon blieb da nur ein Japsen nach Luft. Jetzt laufe ich! Noch nicht weit und noch nicht lange, aber ich mach's freiwillig, aus Spaß und vor allem, ohne dabei völlig außer Atem zu kommen.

neues Gesundheitsbewußtsein:
Plötzlich haben auch andere Gifte ihren gewohnheitsmäßigen Charakter verloren - keine zwei Liter Kaffee mehr am Tag, sondern nur noch manchmal mittags eine Tasse; nicht als Verzicht, sondern weil Koffein nicht mehr wie früher schmeckt. Ähnlich Alkohol - das tägliche Bier gibt es nicht mehr; wohl aber jenes, auf das ich mal so richtig Lust habe. Ich war nie ein Obstesser - aber mit einem Male gehört Obst zu meiner täglichen Nahrung ganz selbstverständlich dazu. Die Karotte, die ursprünglich nur als Ersatzbefriedigung geknabbert wurde, hat die Lust an viel Rohkost geweckt. Es macht Spaß, auf die Dinge zu achten, die mir gut tun - dazu gehört aber nicht nur die Ernährung, sondern ebenso zählen Fitneß dazu und alles, was mit Wohlfühlen und Entspannung im richtigen Maß zu tun hat.

Das Gefühl, etwas Tolles geleistet zu haben:
Wenn ich Raucher sehe und mich dann zugleich erinnere, wie ich so lebte - immer eine Kippe zwischen den Fingern, immer darauf achtend, daß ich rauchen kann und darf, das ganze Leben auf diese Möglichkeit hinausrichtend - immer dann bin ich unglaublich stolz auf mich.

Das Abenteuer Leben:
Das ganze Leben ist fast wieder ein Abenteuer geworden. Nach rund dreiunddreissig Jahren fange ich tatsächlich noch einmal ganz neu ein; tiefgreifender, als alle Neuanfänge bisher. Unglaublich viele Dinge tue ich zum ersten Mal - zum ersten Mal ohne Kippe; zum ersten erlebe ich so vieles auf diese Weise. Das macht Spaß und es ist aufregend. Ich will es nicht als selbstverständlich hinnehmen, sondern bewußt erleben und mich dran freuen.

Freiheit:
Ich besitze immer noch Zigaretten. Nicht mehr so griffbereit wie früher (brauch ich ja auch nicht mehr alle paar Minuten), aber doch ohne Mühen erreichbar. Sie sind Teil meiner Freiheit. Ich habe das Recht, zu rauchen und ich bin frei, die Entscheidung selbst zu treffen. Ich entscheide mich nur eben dagegen, jeden Tag neu. Die Freiheit, zu rauchen oder nicht, hatte ich als Raucher nicht, das weiß ich. Jetzt bin ich frei.

Das Wissen, daß ich fast alles erreichen kann:
Ich bin durch den Entzug gegangen (zumindest den körperlichen und sehr weit auch durch den geistigen) und habe das erreicht, was mir selbst fast unmöglich erschien. Ich habe mich selbst besiegt und bin dabei, eine jahrzehntelange Konditionierung zu verändern. Das ist sehr viel. Nachdem ich das schaffe, schaffe ich alles, was mir wichtig ist. Ich werde die Sache mit dem Gewicht in den Griff kriegen und ich werde alles erreichen, woran mir viel liegt. Ich bin stärker geworden.

Fazit:
Alles in allem eine sehr positive Zwischen-Bilanz, wie ich finde. Und das nach noch nicht einmal einem Monat ohne Nikotin. Ich bin gespannt, was da noch alles in Zukunft an Positivem rausspringt.

An Negativem dürfte nichts mehr dazu kommen. Ich vermisse schließlich nichts. Und die kurzen Schmachtanfälle, die immer wieder noch kommen, lassen sich nicht in Plus oder Minus einordnen; sie gehören einfach dazu, so wie Hunger und Durst. Ich werde mich wohl an sie gewöhnen...


zurück zur Übersicht